Personal: Instagram macht „krank und unglücklich“
Vor wenigen Tagen habe ich mich mit einer Freundin, die ebenfalls Bloggerin ist, über aktuelle Geschehnisse bei Instagram unterhalten. Ich vermeide es übrigens, den Ausdruck „befreundeten Bloggerin“ zu verwenden, denn mittlerweile ist man bereits nach einem gemeinsam durchlebten Event schon #BFF – bei uns ist definitiv eine richtige Freundschaft der Fall.
Jedenfalls sprachen wir über verwirrende, sich ständig ändernde Algorithmen, den Likesagent Fluch, welcher mich leider befallen hatte und über welchen ich auch hier bereits gesprochen hatte, Shadowbanning einzelner Accounts und ob wir betroffen sind (ja? nein? manchmal?), mysteriöse Like-Käufe, die stark schwankenden Gefällt-mir-Angaben einzelner Bilder. Und natürlich die äußerst nervigen Großeinkäufe vieler, großer „Influencer“, welche ihre Follower-, Like- und mittlerweile auch Kommentarzahlen aufhübschen, indem sie ein wenig Geld in die Hand nehmen.
Followerkauf – nein Danke.
Für jemanden wie mich, der sich seine mittlerweile knapp 11k mühsam über Jahre zusammengesammelt hat, ist das natürlich mehr als ärgerlich. Ich habe eine gleichmäßige Zuwachskurve und damit einhergehend zwar eine vergleichsweise eher kleine, aber recht aktive „Community“ aufgebaut, welche fleißig meine Bilder mit Zuspruch beschenkt. Es kann kein Zufall sein, dass deutlich größere Accounts mit etwa zehn Mal so vielen Abonnenten wie ich nur knapp 2,3x so viele Likes erhalten. Ich weiß, dass ich eine recht hohe Ratio von ca. 4-7% habe und dass diese mit zunehmender Abonnentenanzahl sinkt, aber mal ehrlich: 1.200 Likes bei 120.000 Abonnenten ist mehr als unrealistisch. Zumal leider nicht mal mehr das ausschlaggebend ist – schließlich kann man auch die Gefällt-mir-Angaben hübsch aufpolieren.
Im Zuge dieser kleinen Unterhaltung mit meiner Freundin und mit dem Gedanken an das aktuell so sagenumwobene Shadowbanning im Hinterkopf, habe ich recht motiviert etwas in die Richtung ergoogeln wollen, ob Instagram in einem nächsten Schritt vielleicht alle in der Vergangenheit erkauften Follower nachträglich zuverlässig löscht. Das wär‘ doch was – zack, schnell mal 50.000 Follower weniger und die „Anhängerschaft“ halbiert. Ich würde gerne die Gesichter einiger meiner Kollegen sehen, wenn ihre Community binnen Sekunden um einen großen Teil schrumpft…
Instagram macht…
Bei meiner Googlesuche tippte ich „Instagram macht…“ in das Browserfenster, um möglicherweise Informationen über neue Veränderungen, Säuberungsaktionen oder Algorithmen zu finden, und gleich kamen folgende Vorschläge von Google:
Instagram macht krank
Instagram macht uns alle zu Psychopathen
Instagram macht unglücklich
Instagram macht depressiv
Das hat mich wahnsinnig nachdenklich gemacht. Hat mich reflektieren lassen, wie beeinflussbar wir alle geworden sind, wie abhängig man sich von der Fotoapp macht, welche vor wenigen Jahren ein Hauch von nichts war, von Relevanz für die Werbebranche keine Spur.
Die Google-Vorschläge kommen nicht von ungefähr; gibt es wirklich Menschen, die diese Suchanfragen starten? Im schlimmsten Falle beeinflussbare, junge Mädels mitten in der Pubertät, welche Instagram nicht als das, was es ist – eine riesige Scheinwelt voll mit Positive Vibes, perfekten, bearbeiteten Fotos und Sonnenseiten des Lebens – sehen, sondern im Zweifel richtig ernst nehmen?
Ich würde gerne guten Gewissens und mit einem Lächeln im Gesicht behaupten, dass ich Instagram ‚liebe‘. Dass die App mir nur Gutes bringt, sie mein Leben bereichert, es besser, fröhlicher, schöner macht – sofern man das von einem Social Media Kanal überhaupt sagen kann.
Instagram & ich – eine Hassliebe
Doch das kann ich nicht. Instagram bereichert mein Leben, darin besteht kein Zweifel. Mir bereitet es Freude, schöne Bilder mit euch und meiner Community zu teilen. Es entspannt mich, Fotos auszuwählen, sie mit Filtern zu versehen, an Helligkeitskurven herumzuspielen und in einer speziellen App hin und her zu schieben, bis ich eine schöne Anordnung der nächsten zwei, drei Impressionen gefunden habe. Ich scrolle gerne durch meinen Feed, lasse mich berieseln durch sonnige Urlaubsfotos, hole mir Appetit an leckeren Food-Pics, suche mir Inspiration in Outfits, Blickwinkeln, Reisezielen. Verfolge, was Freunde auf ihren Reisen unternehmen oder welche Looks meine Lieblingsblogger gerade frisch geteilt haben. Schaue mir süße Tiervideos an oder speichere aussagekräftige Quotes für später ab.
Und doch ist es ein absolut zweischneidiges Schwert. Wie oft verzweifle ich an der Masse an Fotos, die täglich hinzukommen. Mein persönlicher Zwang, der es nicht zulässt, dass ich meinen Feed nicht bis zum „Ende“ scrolle, um auch ja nichts zu verpassen – denn jede Food-Inspo, jedes Hotdogs-or-Legs Bild am Strand und jedes Flatlay zählt (…). Der prüfende Blick alle paar Minuten, wie viele Likes der neueste Upload in der ersten Stunde erreicht – ist mein Bild auch erfolgreich genug? Der Druck, den ich mir selbst und keiner sonst mache, mehr Follower, mehr Likes auf faire und natürliche Art zu generieren. Um mithalten zu können, um gesehen zu werden.
Das Gebot, in der Woche mindestens x Bilder zu posten, um den Followern gerecht zu werden, um Impressionen zu generieren. Der eigene Vergleich mit anderen Bloggern, die vermeintlich schönere Fotos posten, perfektere Flatlays hinbekommen, bessere Filter auswählen, stimmigere Feeds haben. Der Struggle mit den verfluchten Algorithmen, die Zweifel an der eigenen Arbeit aufkommen lassen. Verrückte Vorkommnisse wie oben genanntes Shadowbanning oder das Likesagent-Problem.
Ich überzeichne an einigen Stellen – denn zum Glück sind das nur Momentaufnahmen meines Tages mit Instagram. In der Summe beschäftige ich mich dann glücklicherweise doch mit anderen, wichtigeren Dingen. Und doch: ohne Zweifel ist Instagram Teil meines Jobs, beschert mir eine gewisse Aufmerksamkeit und ja, auch Spaß. Ich schaffe es, eine entsprechende Distanz zu dem Thema einzunehmen und Netzwerk Netzwerk sein zu lassen. Doch schafft das jeder? Ich kann definitiv mit der These mitgehen und nachvollziehen, wieso Google mir obige Suchanfragen als Vorschläge liefert. Instagram macht bei falscher Handhabe krank, unglücklich, depressiv – vielleicht.
Man muss damit umgehen können, und bisher kann ich das ganz gut. Es mag das Geschäftsverhältnis sein, welches ich zur App führe. Es mag mein Alter sein, welches mich – raus aus der Pubertät, aus den schlimmsten Zeiten des Vergleichens und Messens – rettet. Vielleicht muss man alles, was dort passiert, mit einem gewissen Augenzwinkern sehen und einfach abwarten, was als nächstes kommt. Das ist jedenfalls mein Plan. Ansonsten bleibt immer noch die Googlesuche, die sicher ein paar konkrete Vorschläge liefert, wenn Instagram am Ende wirklich abhängig oder depressiv macht. Who knows…