Manchmal werde ich wütend, wenn ich durch meinen Instagram-Feed scrolle. Wütend und ein bisschen müde. Ich möchte nicht den zweitausenddrölften Beitrag über all die Insta-Girls schreiben, die das ach so perfekte Leben leben, um die Welt jetten, dank Kooperationen heute in New York einschlafen und morgen in Rio de Janeiro aufwachen, um am Abend gleich nach Mailand, Paris oder London los zu fliegen. Alles schon zigfach gelesen – und darum soll es auch nur am Rande gehen.
Ich kann nämlich den ganzen Bloggerinnen, Insta-Girls und Influencerinnen, ob man sie nun schon mal persönlich auf irgendeinem Event getroffen hat oder sie eben nur virtuell “kennt”, nur vor den Kopf gucken. Mir steht es nicht zu, Aussagen darüber zu treffen, ob sie nun ganz schrecklich dankbar dafür sind, was für Möglichkeiten ihnen eröffnet werden, oder ob sie all die kostenlosen Reisen, die gesponserten Hotel-Aufenthalte, aufregende Events und all die Präsente teurer Marken mittlerweile als selbstverständlich ansehen.
Win-Win Situation
Auch ich blogge seit Jahren, teile meine Gedanken und Erlebnisse, Reisen und Outfits online mit euch. Mittlerweile verdiene ich meinen Lebensunterhalt damit und ja, auch ich durfte über die Jahre viele Annehmlichkeiten genießen. Im Austausch für meine Leistung schöne Produkte oder Dienstleistungen zu testen, neueste Kleidungsstücke und Accessoires mein Eigen zu nennen oder Vergütung für meine Arbeit zu erhalten (was am ehesten einem “normalen” Job entspricht, logisch). Und ja, ich gebe zu – manche Dinge, über die ich mich 2012 noch wie verrückt gefreut habe, wie in etwa Beautyprodukte zum Test, Billigschmuck aus China oder andere Samples – lassen mich nicht mehr vor Glückseligkeit im Dreieck springen. Es gehört zum Blogger-Dasein dazu, dass täglich Pakete mit Produkten eintrudeln und Nachbarn und Paketbote genervt sind.
Wenn man in dem Business arbeitet, es versteht und hinterfragt, dann realisiert man allerdings auch, dass es für die Firmen die einfachste Art der Werbung ist, Produkte herauszuschicken, vielleicht ein Honorar zu zahlen, um am Ende ganz gezielt die richtige Zielgruppe zu erreichen. Daran ist nichts Verwerfliches, und es hat auch wenig mit Undankbarkeit zu tun – im Gegenteil schätze ich jede Möglichkeit der Zusammenarbeit, nutze viele der Produkte, für die ich mich entscheide und welche ich aus der Masse heraus selektiert habe, mindestens wöchentlich und mit Freude. Trotzdem ist es nichts anderes als ein Austausch von Leistungen – Produkt gegen Blogbeitrag, Vergütung für einen Instagram-Post.
Kooperationen mit Mehrwert
Dann gibt es jedoch die Kooperationen, die mich heute ganz aufgeregt Antwortmails tippen lassen. Kampagnen, die in Kleinarbeit mit uns Bloggern gemeinsam erarbeitet werden. Die uns bestimmte Freiheiten lassen, ganz angemessen und ohne Nachfrage vergütet werden, welche kreativ sind und wirklichen Mehrwert bieten – für euch als Leser, für mich als Blogger und am Ende auch für den Kooperationspartner.
Gerade jetzt stehe ich in Verhandlung für mehrere Reise Kooperationen in diesem Jahr. Eine davon wird mich im letzten Drittel des Jahres in gleich vier neue Länder führen – und das macht mich unfassbar glücklich. Ich kann mein Glück kaum fassen, dass man als Blogger solch tolle Möglichkeiten hat, und auch wenn ich schon lange in diesem Business arbeite, finde ich gerade so etwas ganz fantastisch. Ich freue mich, dass mich meine Arbeit und die damit erlangte Reichweite bis hier hin gebracht hat und gerade weil ich, trotz vieler Zusammenarbeiten, bisher noch nicht wirklich im Travelbereich kooperiert habe, sind solche Möglichkeiten wirklich wahnsinnig schön.
Dankbarkeit – oder doch Selbstverständlichkeit?
Ich möchte niemandem unterstellen, dass er diese schier unglaubliche Möglichkeit, im Alter von 20,25 Jahren schon gefühlt die ganze Welt bereist zu haben, nicht wertschätzt oder gar undankbar ist. Ich glaube aber, dass es irgendwann in eine Art Selbstverständlichkeit umschlägt, wenn man es gewohnt ist, im Monat 20 Mal in Flugzeuge zu steigen, innerhalb eines Jahres jeden Kontinent fünf Mal besucht zu haben oder in Hotels, auf Events und Shows wie ein absoluter VIP behandelt zu werden. Ist das verwerflich? Ich weiß es nicht. Ich habe selbst zugegeben, dass für mich beispielsweise Beauty-Samples oder Kooperationen, in denen ich Schuhe, Accessoires oder andere Dinge gesponsert bekomme, mittlerweile Normalität, Alltag geworden sind. Bin ich deshalb undankbar? Keineswegs – schließlich suche ich mir die Dinge selbst aus, wähle oft Sachen, die ich sowieso haben wollte oder die für mich interessant oder nützlich sind, und verwende sie auch dementsprechend. Dennoch ist es nicht mehr so, dass ich ungläubig vor meinen Mails sitze und – wie noch 2012 – nicht glauben kann, dass mir jemand für meine Arbeit auf dem Blog “kostenlos” Produkte oder Vergütung anbieten möchte. Im Gegenteil, kommt man heute kaum hinterher und muss stark abwägen, was man annimmt, und was nicht.
Ich frage mich, ob es besagten, großen Influencern mit Reisen ähnlich geht. Und ob sich auch dort Normalität und Alltag eingeschlichen haben. Der dritte Los Angeles-Besuch in einem Jahr nichts aufregendes mehr ist – während ich hier sitze und mich wie ein Schneekönig über Reise-Möglichkeiten abseits der privat geplanten freue. Und natürlich, ob ich irgendwann auch an diesen Punkt komme. Klar, der Zug zur größten, deutschen Influencerin ist nicht nur abgefahren, nein ist dies auch keineswegs ein für mich erstrebenswertes Ziel. Micro-Influencing ist hoch im Kurs, und ich habe über die Jahre gemerkt, dass durch eine Zusammenarbeit angestoßen, ähnliche Kooperationen auf dem Fuße folgen – sind für mich also irgendwann gesponserte Reisen auch Gang und Gäbe? Schätze ich sie damit weniger?
Ich gelobe feierlich…
Ich würde gerne selbst mit mir einen Pakt schließen. Immer dankbar dafür zu sein, was meine Arbeit mir ermöglicht. Ja, das Bloggen ist eine Menge Arbeit, aktuell liegt mein Fokus so stark darauf, dass ich mir 40-50 Stunden die Woche (plus Vollzeitstudium und anderen Verpflichtungen) auf den Zettel schreiben kann. Und ja, jede Arbeit muss angemessen vergütet werden – in unserem Fall ist das neben monetären Honoraren eben die Annehmlichkeit, Produkte, Reisen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können. Trotzdem liege ich manchmal abends wach und bin verblüfft darüber, wozu sich mein Baby, welches ich mit blutjungen 16 Jahren damals aus zu viel ungenutzter Kreativität, Mitteilungsdrang und Zeit gegründet hatte, entwickelt hat. Was für ein Glück ich habe.
Der Text hier hat sich anders entwickelt als gedacht, um ehrlich zu sein. Mein Schluss? Dankbarkeit für die kleinen Dinge zeigen ist wichtig, Selbstverständlichkeit ist meistens fehl am Platz und ja, auch wenn Alltag und Normalität einen übermannen und man eben seiner Arbeit nachgeht, sollte man öfter mal reflektieren, was für ein Glück man bestenfalls mit seiner (aktuellen) Berufswahl hat. Das bin ich – und wenn ich es mal nicht mehr sein sollte, dann erinnert mich an diesen Artikel. Und den mit mir selbst geschlossenen Pakt.
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7 Kommentare
Tatjana
7 Jahren herEin super und vor allem ehrlicher Beitrag! Ich finde die Möglichkeiten die es für Blogger heutzutage gibt, teilweise wirklich toll. Der ganze Konsum und Kommerz der oft hinter großen Events oder geschenkten Reisen steckt lässt mich allerdings manchmal echt im Dreieck springen. Es gibt so viele andere Dinge auf der Welt, die genauso viel Aufmerksamkeit vertragen könnten. Ich bin mir aber sicher, dass du den Spagat zwischen Arbeit und ehrlichen Blogbeiträgen weiter so wunderbar meisterst! :)
Vivien
7 Jahren her AutorinDaaaanke my Love! :) Ich finde einfach, dass man dankbar sein sollte für die Möglichkeiten, die man als Blogger so hat. Ich meine, im Endeffekt ist das einfach das “Vergütungsmodell”, was man als Blogger für seine Arbeit bekommt, ob nun monetär oder in Form einer gesponserten Reise – es ist genauso ehrlich verdient, wie jeder andere Cent für andere Arbeit. Aber dennoch – das hat nicht jeder, also freue ich mich einfach darüber! :)
Jil
7 Jahren herIch finde es immer sehr schade, wenn Blogger nur des Geldes wegen schreiben und nichts mehr einfach aus Spaß oder sogar nie aus diesem Grund angefangen. Du weißt sicherlich wen ich da besonders im Kopf habe. Ich bin ja ganz offen und sage, dass ich gerne auch mehr durch meinen Blog verdienen würde. Aber ich würde nie aufhören mit dem Bloggen, nur weil die Kooperationen ausbleiben. Ich freue mich lieber über die Annehmlichkeit zur nächsten Pressevorführung zu gehen und Filme lange vor allen anderen zu sehen 😄
Vivien
7 Jahren her AutorinMan muss auch einfach sagen, dass das sehr viel auf DIE Blogger (Instagrammer) zutrifft, die erst mit dem Job angefangen haben, als das Bloggen/Fotos auf Instagram hochladen tatsächlich ein “Business” geworden ist. Ich meine, natürlich freue ich mich sehr über die Entwicklung, die das ganze genommen hat. Dass ich mit meinem Hobby etwas verdienen kann, ist der Hammer. Aber als ich 2009 damit anfing, war noch gar nicht an irgendwelche Vergütungen oder Annehmlichkeiten zu denken… ich sehe das wie du, alles kann, nichts muss. Klar bin ich langsam wirklich darauf angewiesen, aber ich versuche einfach, für all die Möglichkeiten, die mir die Arbeit mit dem Blog bringt, dankbar zu sein! :)
Tatjana
7 Jahren herDanbarkeit ist immer gut und macht glücklicher :)
Vivien
7 Jahren her AutorinAuf jeden Fall! :)